Gespräch mit der Tierschutzbeauftragten und der Initiative Tierwohl

Stuttgart. Über Möglichkeiten zur Verbesserung des Tierwohls und zur Zukunftsfähigkeit der landwirtschaftlichen Tierhaltung hat der Ausschuss für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz am Mittwoch, 22. März 2017, beraten. Dazu führten die Abgeordneten ein Gespräch mit der Landesbeauftragten für den Tierschutz, Dr. Cornelie Jäger, und dem Geschäftsführer der Gesellschaft zur Förderung des Tierwohls in der Nutztierhaltung mBH (Initiative Tierwohl), Dr. Alexander Hinrichs. Dies teilte der Vorsitzende des Gremiums, der Grünen-Abgeordnete Martin Hahn, mit. Hahn sagte, das Gespräch habe verschiedene Lösungsansätze aufgezeigt. „Die Achtung des Tierwohls in der Landwirtschaft ist aber keine Frage der Politik allein. Ohne die Einbindung und die Bereitschaft der Verbraucherinnen und Verbraucher ist dies nicht möglich“, betonte Hahn.

Die Initiative Tierwohl ist nach Angaben Hahns ein Bündnis aus Betrieben der Landwirtschaft, der Fleischwirtschaft und des Lebensmitteleinzelhandels. An der Initiative beteiligten sich 2.506 schweinehaltende Betriebe mit 14,5 Millionen Tieren und 907 geflügelhaltende Betriebe mit 234,8 Millionen Tieren. Von Seiten des Lebensmittelhandels nehmen 10 Unternehmen teil, die für jedes verkaufte Kilogramm Schweine- und Geflügelfleisch derzeit 4 Cent an die Initiative Tierwohl zahlen. Hierdurch ergibt sich ein jährlicher Betrag von rund 85 Millionen Euro. Dieses Geld werde wiederum an Landwirte ausbezahlt, die sich an der Initiative beteiligen und freiwillig bestimmte Tierschutzmaßnahmen umsetzen. Mit diesen Mitteln solle den Landwirten geholfen werden, die Tierschutzmaßnahmen zu finanzieren. Ab dem Jahr 2018 solle der Betrag für jedes Kilogramm verkauftes Fleisch auf 6,5 Cent steigen, was einen Gesamtbetrag von rund 132 Millionen Euro im Jahr ergebe. Dr. Hinrichs habe darauf hingewiesen, Preise für Fleisch dürften nicht so hoch sein, dass Verbraucher diese Preise nicht zahlen wollten. Die Preisbereitschaft der Verbraucher ist nicht unendlich, fasste Hahn die Ausführungen Hinrichs zusammen.

Die Landestierschutzbeauftragte Dr. Cornelie Jäger führte Hahn zufolge aus, dass zwei Entwicklungen charakteristisch seien für die landwirtschaftliche Tierhaltung: zum einen eine abnehmende gesellschaftliche Akzeptanz und zum anderen inadäquate Erzeugerpreise. Ein Lösungsweg für eine zukunftsfähige Tierhaltung müsse genau diese beiden Charakteristika umkehren. Des Weiteren müsse sich die Tierhaltung auf die Elemente Wertschätzung, Wertschöpfung, Tiergerechtigkeit und Transparenz verlassen und stützen.

Dr. Jäger habe dargelegt, dass der Ansatz der Initiative Tierwohl nicht weitreichend genug sei. Laut dem wissenschaftlichen Beirat Agrarpolitik werde für den Umbau der landwirtschaftlichen Tierhaltung, damit sie gesellschaftlich akzeptiert werde, ein Betrag von drei bis fünf Milliarden Euro pro Jahr benötigt. Dies bedeute, dass für jedes verkaufte Kilogramm Fleisch 37,5 Cent und für jedes verkaufte Kilogramm Milch 6,6 Cent abgegeben werden müssten.

Laut Hahn wies Dr. Jäger darauf hin, dass weitere Ansätze benötigt würden, um der Nutztierhaltung – basierend auf den Elementen Wertschätzung, Wertschöpfung, Tiergerechtigkeit und Transparenz – eine verlässliche Perspektive zu eröffnen. Sie habe deshalb an die Abgeordneten appelliert, verschiedene von ihr vorgestellte Maßnahmen ergebnisoffen zu prüfen. Dies sei etwa eine verbindliche Tierschutzkennzeichnung für Frischfleisch vergleichbar nach dem Beispiel der Eierkennzeichnung, welche einen beeindruckenden Innovationsschub ausgelöst und viel öffentlichen Druck aus der Branche genommen habe. Diese Kennzeichnung müsse kombiniert mit dem Megatrend Regionalität umgesetzt werden. Des Weiteren habe Jäger vorgeschlagen, die Initiative Tierwohl zu verstaatlichen und zu einer Art „Tierwohl-Maut“ oder „Tierwohl-Soli“, also zu einer zweckgebundenen Gütersteuer, auszubauen. Zwei weitere Punkte seien, die Tierzucht unter staatliche Aufsicht zu stellen und die bereits jetzt vorhandenen Möglichkeiten in den gesetzlichen Regelungen zu nutzen.

Die Tierschutzbeauftragte habe betont, sie erhoffe sich eine Politik, die sich viel deutlicher und vor allem aktiver zu Tierhaltung und deren Umbau zum Wohle aller, also auch der Tierhalter, bekenne. Es sei Zeit, eine wesentlich umfassendere Strategie umzusetzen als bisher.

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